Kommunale Dotationen, "Reichnisse", Baulast usw.
"Beim Geld kennt die Kirche keine Gnade"
Am 17. Oktober 2002
geschah in der ARD-Sendung Panorama erstmals ein Tabubruch, und das ist
nun [2019] schon wieder 17 Jahre her (!), in der die führenden Politiker
weitermachten, als wäre nichts geschehen. Das deutsche Fernsehen
berichtete damals wahrheitsgetreu über die Staatsfinanzierung der Kirchen in
Deutschland. In der
Sendung kam auch der damalige CSU-Bürgermeister Günter Oettinger aus Großheubach
in Unterfranken zu Wort. Er zeigt in dem Filmbericht auf die eingerüstete Ortskirche und sagt:
"Hier geht’s um echt viel Geld. Hier geht’s um die Kirchenbaulast, Verträge aus dem Jahre 1803. Hier möchte die katholische Kirche von uns 180.000
Euro." Die Gemeinde will die uralten Verträge, aus denen nur die Kirche einen Nutzen zieht, nicht mehr anerkennen. Doch die Chancen standen schlecht für die finanziell klamme Gemeinde: Einige Jahre zuvor hatten die rebellischen Bürger versucht, ein uraltes
"Kornreichnis" für die Ernährung des Pfarrers abzulösen, wonach der katholischen Kirchenstiftung jedes Jahr der Gegenwert von 18 Hektoliter Roggen zusteht – umgerechnet 130
€ im Jahr. Die Kirche forderte als Ablöse einen
sofort fälligen Einmal-Betrag in Höhe von 32.000 €, also eine Vorauszahlung für
die nächsten 100 Jahre! Kommentar von
Panorama: "Beim Geld kennt die Kirche keine Gnade." Doch hinsichtlich
Dreistigkeit, Maßlosigkeit, Frechheit und Verlogenheit kirchlicher Forderungen finden sich immer neue
Beispiele, welche die vorherigen noch weit übertreffen und die nun mehr und mehr
ans Tageslicht kommen - aus allen Regionen der Bundesrepublik Deutschland.
An dieser Stelle nur ein paar markante
Beispiele: Wie andere Städte und Gemeinde ist auch Karlstadt
im Kreis Main-Spessart Jahr für Jahr weiter "reichnispflichtig". Für die Stadt
hätte eine Ablösung im Jahr 1997 eine Summe von über einer halben Million DM
gekostet, welche an die Großkirchen hätten überwiesen werden müssen – mehr als
die Stadt dafür aufbringen konnte. So entschieden die Stadträte, lieber
weiterhin jährliche Reichniszahlungen an die Kirchen zu leisten, unter anderem
auch für eine ehemalige katholische Pfarrstelle, die es seit 1984 gar nicht mehr
gibt. Doch die Kirche bestand aufgrund von "Observanz" = "Gewohnheitsrecht"
sogar auf dieser Summe. Lediglich einen 1979 beschlossenen freiwilligen Zuschuss
an die beiden Großkirchen konnten die Stadträte 1997 per einfacher Abstimmungsmehrheit
wieder rückgängig machen. Doch nicht einmal solche Beschlüsse sind – allgemein
gesprochen – in deutschen Städten und Gemeinden selbstverständlich. Liest man z.
B. [2010] den Internet-Lebenslauf des amtierenden Vorsitzenden
einer großen Partei dieser Stadt, dann erfährt man, dass dieser gleich eine Fülle von kirchlichen
Ehrenämtern ausübt. Und wie ist es in zigtausend anderen deutschen Kommunen?
Ganz ähnlich bzw. genauso.
Allgemein gesprochen: Die Kirche plündert durch ihre Lobbyisten vom Bundestag
bis zum Gemeinderat Bund, Länder, Städte und Gemeinden nach Strich und Faden
aus, und der Bürger muss alles bezahlen.
Kurios ausgerechnet in Karlstadt: Einer der römisch-katholischen Ortspfarrer
wurde im Jahr 2010 verhaftet. Er wurde angeklagt, 1,5 Millionen Euro veruntreut
zu haben. Als die Polizei das Pfarrhaus durchsuchte, fand sie in zahlreichen
"Verstecken" immer wieder dicke Briefumschläge voller Geldscheine, die
der Würdenträger in seinem Dienstsitz gehortet hatte.
"Reichnisse", Baulasten und andere
angebliche staatliche "Zahlungsverpflichtungen" an die Kirche gibt es zu Tausende in Deutschland.
Im Haushalt des Freistaats Bayern waren im Jahr 1993 zwei Millionen DM an die
Kirche ausgewiesen, welche der Staat der Kirche bezahlen muss, nämlich den
Gegenwert von Unmengen von Roggen, Weizen, Dinkel, Karpfen oder Weißkraut
(Main-Post, 13.2.1993). Und auch im Jahr 2010 schuldeten die bayerischen
Regierungsbezirke der Kirche noch den Gegenwert von vielen Tonnen Karpfen aufgrund des Gesetzes von
1803, das noch niemals je eine deutsche Regierung seither anzutasten wagte. Es ist eben
"Tradition", so die Ausflucht, und es kostet aufs Ganze gesehen dem einfachen Steuerzahler seit
über 200 Jahren Tausende, Millionen, Milliarden über Milliarden. Und gezahlt wird im 21. Jahrhundert
in Geld. Die Summen sind dabei bundesweit nur schwer zu schätzen.
Hinzu kommen unzählige zusätzliche "freiwillige Leistungen" der Kommunen für die
Kirche. Fast täglich liest man in allen Tageszeitungen (meist in Nebensätzen) von erheblichen Zuschüssen der Kommunen zu Kirchen-Renovierungen und dergleichen. In Würzburg etwa, einer Stadt am finanziellen Abgrund, nötigte
im Jahr 2006 das Bistum die Stadt, einen erheblichen Zuschuss zur Neu-Pflasterung eines Platzes in Dom-Nähe zu zahlen, obwohl dieser Platz vorher völlig in Ordnung war und nur auf Veranlassung der Kirche wegen der Neugestaltung
des anliegenden Kirchengebäudes aufgerissen worden war ...
Wie pervers die kommunalen Kirchensubventionen sind, kann man sich auch anhand
der Schuldenlast der deutschen Städte und Gemeinden bewusst machen. Städte wie
Oberhausen oder Offenbach drückt beispielsweise eine Schuldenlast von über
8000,00 Euro pro Einwohner [2013]. Verschuldet sind fast alle Städte und
Gemeinden. Doch die Kirche hält überall ihre Hand auf, und da überall
Kirchen-Lobbyisten auch am staatlichen Ruder sitzen, werden die Kommunen
finanziell noch weiter nach unten gezogen. Die verschuldeten Orte
subventionieren also die steinreichen Kirchen mit öffentlichen Geldern, welche die
Bevölkerung aufbringen muss. Verrückte Welt, so würde ein Außenstehender sagen.
Leider die Normalität in Deutschland unter der Knute der Kirchen-Lobby.
Ein weiteres, wenn auch nur kleines Beispiel von unzähligen: In Mainz wurden aus öffentlichen Mitteln
drei große Schilder angeschafft, die bereits auf den Autobahnen auf den Mainzer Dom
hinweisen. Wenn ein Campingplatzbesitzer an einer einfachen Bundesstraße mit einem Schild
auf seinen Campingplatz hinweisen will, damit die Urlauber ihn leichter
finden, muss er dafür jedes Jahr 2000 Euro an das
zuständige Amt bezahlen – für Anschaffung, Säuberung und evtl. Ersatz des Schildes.
Die Kirche zahlt natürlich wie immer (!) keinen Cent
(Carsten
Frerk, Finanzen und Vermögen der Kirchen, Aschaffenburg 2002,
S.106), obwohl sich der Prachtbau der katholischen Kirche auch ohne
Autobahnschilder leicht finden lässt.
Nach Rücksprache mit Experten
(siehe u. a. Quellen auf der Startseite) hatten wir für den Posten der Zahlungen der
bundesweit über 11.000 Kommunen, Landkreise und Bezirke ursprünglich 4.000.000.000,00 € pro Jahr eingesetzt, es dann aber aus sehr großer Vorsicht
heraus auf 3.000.000.000,00 € pro Jahr reduziert, obwohl es auch deutlich höher
sein kann, da es hier vielfach nicht um regelmäßige Zahlungen geht, sondern um
Projektfinanzierung; also da mal Hunderttausend, dort mal eine Million, dann da
mal Zehntausend und danach gleich nochmal Fünftausend obendrauf, und beim
nächsten Mal möchte die Kirche vielleicht wieder mal eine halbe Million usw. Aber es fehlt noch der Wille der
Politiker, das einmal zu sammeln und exakt zu addieren anstatt nur Schätzungen
hochzurechnen. Für alles mögliche lassen sie Statistiken anfertigen. Und solches
interessiert sie, die gleichzeitig Kirchen-Lobbyisten sind, verständlicherweise
nicht. Aber für die Bürger wäre es mal wichtig, denn es ist ihr Geld, das hier
verloren geht. Außerdem sind die reichen Großkirchen aufgrund ihrer
Erfahrungen auf diesem Gebiet und ihres entsprechend geschulten Personals
Meister darin, alle nur denkbaren "Förderungen" verschiedenster
Geld-Töpfe oft bis zum Exzess auszuschöpfen - ob es nun um
Grenzland-Förderung oder andere regional begründete Zuschüsse, um irgendwelche
Kulturstiftungen oder Maßnahmen für die Jugend oder das Alter mit enstprechenden
Beihilfemöglichkeiten oder was auch immer.
Kurioserweise begründet der Sprecher der evangelischen Nordelbischen Landeskirche eine
bestimmte Staatssubvention an seine Kirche in Höhe von jährlich 11.000.000,00 € vom
Bundesland
Schleswig-Holstein damit, dass in diesem Bundesland die Kirche für Bauarbeiten
an den eigenen Kirchengebäuden anscheinend selbst aufkommen muss, während in
allen anderen Bundesländern dies der Staat finanziere (spiegel.de, 8.6.2010).
Armes Schleswig-Holstein? Überhaupt nicht. Dafür kommen die Staatsmillionen eben
über viele andere Kanäle.
Im Jahr 2009 griff Panorama das Thema erneut auf, denn noch immer hatte sich
nichts getan [wie auch 2019 noch nicht]. |
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Letzte Änderung auf dieser Seite: 20.2.2019